Ziel: Vordernberger Grießmauer
Höhe: 1969m
Datum: 10.09.2016
Route: SW-Grat IV+
Tourbegleitung: Chrisi
Der Südwestgrat auf die Vordernberger Grießmauer, oft auch einfach als Fledermausgrat bezeichnet, steht schon lange auf meiner Liste; hört man doch viel positives von dieser Genusstour im moderaten Schwierigkeitsbereich. Nachdem ich jetzt schon mehrere Monate verletzungsbedingt auf ernsthaftere Klettereien verzichten muss kommt mir das gerade recht und mit Chrisi ist auch schnell eine motivierte Kletterpartnerin gefunden. Die Tour setzt ein wenig Zustieg von etwa 1,5 Stunden, vorbei an der Leobnerhütte, über großteils breite Pfade ohne Schwierigkeiten voraus. Früher hätte man diesen noch mit dem Polsterlift wesentlich verkürzen können, seit ein paar Monaten steht dieser aber voraussichtlich für immer still.
Schon vom Zustieg aus erhält man wunderbare Einblicke aus mehreren Blickwinkeln in die gesamte Tour. Auch das wir nicht die einzigen sein werden wird relativ schnell klar, sieht man doch ein paar sich bewegende Punkte bei genauerer Betrachtung.
Den ersten Turm vor dem Einstieg der eigentlich Route könnte man optional eigentlich auch noch mitnehmen, wäre die Seillänge inklusive Abseilstand eigentlich eingerichtet; wir ersparen uns diesen aber in Anbetracht der noch bevorstehenden Tour. Die erste Seillänge überrascht gleich ein wenig, hätte ich eigentlich doch mit weniger Schwierigkeiten gerechnet. Entweder ist mein Kletterkönnen durch die Zwangspause schon massiv eingerostet oder es ist etwas unterbewertet; vermutlich eine Kombination aus beidem. Bewertet ist sie mit IV, aus meiner Sicht hätte man da in der Schlüsselstelle beinahe einen Grad hinzu addieren können.
Während ich Chrisi vom ersten Stand aus nachsichere klettert in der Zwischenzeit eine Person auf einer eigenen Routenvariante ohne Seil vorbei.
Wie es für Gratrouten oft typisch ist, ist die Tour mit wechselnder Auf- und Abkletterei verbunden. Die drei Schlüsselstellen würde ich alle durchaus eher mit zumindest dem unteren V-ten Grad bewerten. Auch die als in den Führern als „sehr gut“ bezeichnete Absicherung stimmt nicht ganz mit meiner Erfahrung überein. Hie und da ist ein Klemmkeil oder ein Friend schon sehr hilfreich. Besonders der Ringhakenriss ist auch schon etwas abgeschmiert.
Bei der Kaminlänge werden im Topo zwei Varianten erwähnt. Wir stehen zwar direkt vor einem Kamin bzw. beziehen dort einen Standplatz, sind uns aber zunächst nicht sicher ob es sich jetzt um den linken, etwas schwereren, oder doch bereits den rechten handelt nachdem man nicht wirklich um die Ecke sehen kann. Ich muss erst ein wenig weg steigen und versuche es erstmal nach rechts, was sich dann auch als richtig erweist; der Kamin direkt beim Standplatz ist also die linke, schwerere Variante.
Der ostseitig zu umkletternde Turm direkt nach dem Wandbuch aus dem oberen Bild ist zwar nicht sehr schwer, aber auch diese Stelle würde ich von einem IIer deutlich aufwerten. Nachdem dieser überwunden ist wartet noch ein letzter schöner, plattiger Pfeiler, bewertet mit III+. Die Kletterei ist sehr ansprechend, allerdings muss man doch auf Platten einige Meter über den letzten Haken steigen und mit mobilen Mitteln ist in dieser Länge nichts zu machen.
Nachdem die Tour zu Ende ist entdecken wir einen Abseilstand der nicht in den Topos eingezeichnet ist. Er ist sogar mit 2x30m beschriftet. Wir entschließen uns aber statt dessen den Rest per pedes zu erledigen. Auf teilweise kaum zu erkennenden Pfaden klettert man stets ohne größere Schwierigkeiten den Grat entlang, bis man quasi vor einem senkrechten Wandabbruch steht. Hier markiert ein Steinmann eine Abseilstelle. Ich lasse Chrissi ab nachdem das Abklettern optisch nicht ganz so einfach aussieht und klettere selbst hinterher: einfacher als es den Anschein hat, wenn es auch etwas brüchig ist.
Zum Gipfel der Grießmauer gehen wir schließlich noch die letzten Höhenmeter über den Normalweg. Man hätte auch in nicht all zu schwerer Kletterei direkt auf dem Grat bleiben können, wie ich im Nachhinein erfahren habe.
Der Abstieg über den Normalweg im Anschluss ist ein ziemlich ungemütlicher Geröllhaufen.
Insgesamt betrachtet empfinde ich die Tour jedenfalls doch etwas schwerer als angenommen und für weniger starke Kletterer sind ein paar mobile Hilfsmittel sicher recht hilfreich.